Top 5 IPC-Standards, die jeder PCB-Einkäufer kennen sollte
Qualität 27. Dezember 2024 11 Min.

Top 5 IPC-Standards, die jeder PCB-Einkäufer kennen sollte

IPC-A-600, IPC-6012, IPC-A-610 – welche Standards Sie bei Bestellungen angeben sollten und was die Klassen bedeuten.

Hommer Zhao

Hommer Zhao

Gründer & CEO, WellPCB

IPC-Standards sind die Sprache der Leiterplattenindustrie. Wer sie kennt, kommuniziert präziser mit Herstellern und erhält bessere Qualität. Diese 5 Standards sollte jeder PCB-Einkäufer kennen.

PCB Qualitätsprüfung nach IPC-Standards

Was ist IPC?

Die IPC (Association Connecting Electronics Industries) entwickelt seit 1957 branchenweit anerkannte Standards für die Elektronikfertigung. Für Leiterplatten sind diese Standards die Basis für Qualitätsdefinitionen, Prüfverfahren und Kommunikation zwischen Auftraggeber und Hersteller.

Warum IPC-Standards wichtig sind:

  • Eindeutige Qualitätsdefinition – keine Interpretationsspielräume
  • International anerkannt und herstellerübergreifend
  • Grundlage für Reklamationen und Qualitätssicherung
  • Reduziert Kommunikationsaufwand mit Lieferanten

1. IPC-A-600: Akzeptanzkriterien für Leiterplatten

Der wichtigste Standard für die Wareneingangsprüfung. IPC-A-600 definiert, welche Mängel akzeptabel sind und welche nicht.

KlasseBezeichnungTypische Anwendung
Klasse 1Allgemeine ElektronikConsumer, IoT, Prototypen
Klasse 2Dedizierte Service-ElektronikIndustrie, Telekom, Automotive
Klasse 3Hochzuverlässigkeits-ElektronikMedizin, Luft-/Raumfahrt, Militär

Prüfkriterien nach IPC-A-600:

  • Leiterbahnen: Breite, Abstände, Kratzer, Kerben
  • Lötstopplack: Ausrichtung, Blasen, Ablösung
  • Bohrungen: Positionsgenauigkeit, Ringspalt, Wandqualität
  • Oberfläche: Gleichmäßigkeit, Kontamination
  • Beschriftung: Lesbarkeit, Positionierung

Praxis-Tipp:

Bestellen Sie immer mit expliziter Klassenangabe (z.B. "IPC-A-600 Klasse 2"). Ohne Angabe liefern viele Hersteller nach Klasse 1 – die günstigste Variante.

2. IPC-6012: Leistungsspezifikation für starre Leiterplatten

Während IPC-A-600 die Prüfung regelt, definiert IPC-6012 die technischen Anforderungen an die Leiterplatte selbst.

AspektSpezifikation
MaterialanforderungenLaminatqualität, Kupferfolie, Prepreg
Strukturelle IntegritätDelaminierung, Verdrehung, Verwölbung
Elektrische AnforderungenIsolationswiderstand, Durchschlagfestigkeit
ZuverlässigkeitThermische Belastungstests

Für PCB-Fertigung empfehlen wir immer die Angabe von IPC-6012 Klasse in der Bestellung, um eindeutige Qualitätserwartungen zu setzen.

3. IPC-A-610: Akzeptanzkriterien für bestückte Baugruppen

Der Standard für die Bewertung von PCB-Bestückung. IPC-A-610 definiert, wann eine Lötverbindung oder Bauteilplatzierung akzeptabel ist.

Bewertungskategorien:

  • Zielzustand: Ideale Ausführung, kosmetisch perfekt
  • Akzeptabel: Funktional einwandfrei, Abweichung vom Ideal
  • Mangel (Prozessindikator): Verbesserungsbedarf im Prozess
  • Defekt: Nicht akzeptabel, Nacharbeit erforderlich
PrüfbereichKriterien
SMD-LötstellenLotmenge, Benetzung, Ausrichtung
THT-LötstellenDurchstieg, Fillethöhe, Hohlräume
BGA-BauteileVoiding, Kurzschlüsse, Ausrichtung
BauteilschädenRisse, Absplitterungen, Verfärbungen

4. IPC-2221: Generisches Design für Leiterplatten

Der Basis-Standard für PCB-Design. IPC-2221 legt Mindestabstände, Leiterbahnbreiten und andere Designregeln fest, die für sichere und fertigbare Leiterplatten erforderlich sind.

Design-AspektIPC-2221 regelt
Elektrische AbständeMindestabstände nach Spannung
LeiterbahnbreiteStromtragfähigkeit vs. Querschnitt
ViasDurchmesser, Annular Ring
Thermisches DesignWärmeableitung, Kühlkörper-Anbindung

Verwandte Standards:

  • IPC-2222: Starre Leiterplatten (Ergänzung zu 2221)
  • IPC-2223: Flexible Leiterplatten
  • IPC-2226: HDI-Leiterplatten

5. IPC-TM-650: Testmethoden

Dieser Standard definiert, WIE getestet wird. Wenn Sie spezifische Tests anfordern, sollten Sie auf IPC-TM-650 verweisen.

Wichtige Testmethoden:

  • 2.6.8: Thermischer Schock (Lötwärme-Beständigkeit)
  • 2.6.27: Microsection (Querschliff-Analyse)
  • 2.4.22: Bow and Twist (Verzug-Messung)
  • 2.2.13: Isolationswiderstand nach Feuchte
  • 2.5.5: Haftfestigkeit Kupfer-Laminat
TestAnwendungTypisch für
MicrosectionVia-Qualität, LaminataufbauErstmusterprüfung
Thermal ShockLötbarkeit, DelaminierungSerienfreigabe
IST (Interconnect Stress)Via-ZuverlässigkeitAutomotive, Aerospace
Hommer Zhao

IPC-Standards sind keine optionale Zusatzanforderung – sie sind die Grundlage für klare Kommunikation. Wer ohne IPC-Klasse bestellt, bekommt, was der Lieferant für angemessen hält.

Hommer Zhao

Geschäftsführer, PCB-Leiterplatte

Praktische Anwendung im Einkauf

Checkliste für die Bestellung:

  • ☐ IPC-A-600 Klasse angeben (1, 2 oder 3)
  • ☐ IPC-6012 Klasse für Leistungsanforderungen
  • ☐ Bei Bestückung: IPC-A-610 Klasse
  • ☐ Spezifische Tests nach IPC-TM-650 anfordern
  • ☐ Prüfberichte und Zertifikate verlangen

Entscheidungshilfe: Welche Klasse?

Ihre AnwendungEmpfohlene KlasseKostenfaktor
Prototypen, HobbyKlasse 11x (Basis)
IndustrieelektronikKlasse 21,1-1,3x
Automotive (Standard)Klasse 21,2-1,4x
Medizin, SicherheitKlasse 31,5-2x
Aerospace, MilitärKlasse 3 + Zusatz2-3x

Fazit

Diese 5 IPC-Standards bilden das Fundament für qualitätsbewussten PCB-Einkauf:

  • IPC-A-600: Wareneingangsprüfung
  • IPC-6012: Technische Anforderungen
  • IPC-A-610: Bestückungsqualität
  • IPC-2221: Design-Grundlagen
  • IPC-TM-650: Testmethoden

Nutzen Sie diese Standards konsequent in Ihren Anfragen – sie schaffen Klarheit und sichern Qualität.

Tags:PCBLeiterplatteQualitätFertigung
Hommer Zhao

Hommer Zhao

Gründer & CEO, WellPCB

Mit über 15 Jahren Erfahrung in der Elektronikfertigung leitet Hommer Zhao das Team bei WellPCB. Seine Leidenschaft: Komplexe technische Themen verständlich erklären.

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