4-Lagen vs. 6-Lagen PCB: Wann lohnen sich mehr Lagen?
Best Practices 6. Januar 2026 11 Min.

4-Lagen vs. 6-Lagen PCB: Wann lohnen sich mehr Lagen?

Mehr Lagen bedeuten mehr Kosten – aber auch mehr Möglichkeiten. Der praxisnahe Vergleich mit Entscheidungshilfe, Stackup-Beispielen und Kostenrechnung.

Hommer Zhao

Hommer Zhao

Gründer & CEO, WellPCB

"Reichen 4 Lagen oder brauche ich 6?" – Eine Frage, die sich jeder Elektronikentwickler irgendwann stellt. Die Antwort ist nicht so kompliziert, wie manche meinen. Aber sie erfordert ein Verständnis der Grundlagen. Nach hunderten vonMultilayer-Projekten zeige ich Ihnen, wie Sie die richtige Entscheidung treffen.

Die Kurzversion

4 Lagen reichen für die meisten Designs mit moderater Komplexität. 6 Lagen werden nötig bei: High-Speed-Signalen, vielen Power-Rails, dichter BGA-Verdrahtung oder strengen EMV-Anforderungen. Die Mehrkosten betragen typischerweise 30-50%.

Die Grundlagen: Was macht jede Lage?

Bevor wir vergleichen, müssen wir verstehen, welche Funktionen die einzelnen Lagen erfüllen. Das ist der Schlüssel zur richtigen Entscheidung.

Der klassische 4-Lagen-Aufbau

LageFunktionTypische Nutzung
L1 (Top)Signale + BauteileKomponenten, kritische Signale
L2 (Inner 1)GND PlaneDurchgehende Massefläche
L3 (Inner 2)Power PlaneVersorgungsspannungen
L4 (Bottom)Signale + BauteileKomponenten, Routing
Multilayer PCB Aufbau

Der typische 6-Lagen-Aufbau

LageFunktionVorteil gegenüber 4L
L1 (Top)Signale + BauteileUnverändert
L2GND PlaneBessere Referenz für L1
L3Signal/RoutingNEU: Zusätzlicher Routing-Platz
L4Power PlaneSplit für mehrere Rails
L5GND PlaneNEU: Referenz für L6
L6 (Bottom)Signale + BauteileBessere SI auf Bottom
Hommer Zhao

Der Sprung von 4 auf 6 Lagen ist nicht einfach 'mehr Platz'. Es ist ein fundamentaler Unterschied in der Signalintegrität. Bei 6 Lagen hat jede Signallage eine direkt benachbarte Referenzebene – das macht den entscheidenden Unterschied bei High-Speed.

Hommer Zhao

Gründer & CEO, WellPCB

Wann 4 Lagen ausreichen

Lassen Sie mich direkt sein: Für die Mehrheit aller Designs sind 4 Lagen mehr als genug. Sie sind günstiger, schneller zu fertigen und für viele Anwendungen optimal.

Ideale Anwendungen für 4-Lagen-PCBs

  • Mikrocontroller-Designs: STM32, ESP32, Arduino-basierte Projekte – alles kein Problem
  • Moderate IC-Komplexität: QFP-Packages, 0.5mm Pitch, keine fine-pitch BGAs
  • 1-2 Power-Rails: Eine Hauptversorgung plus evtl. 3.3V/1.8V
  • Moderate Signalgeschwindigkeiten: USB 2.0, SPI, I²C, UART – alles machbar
  • Kostenoptimierte Produkte: Consumer Electronics, IoT-Geräte

Technische Grenzen eines 4-Lagen-Designs

Routing-Kapazität:

~500-800 Verbindungen (abhängig von Boardgröße)

BGA-Fanout:

Bis ca. 0.8mm Pitch problemlos

Power-Rails:

2-3 mit Split-Plane möglich

Signalgeschwindigkeit:

Bis ca. 200 MHz unkritisch

Wann Sie 6 Lagen brauchen

Es gibt klare Indikatoren, die den Sprung auf 6 Lagen erforderlich machen. Ignorieren Sie diese nicht – die Kosten für ein nicht funktionierendes 4-Lagen-Design sind höher als die Mehrkosten für 6 Lagen.

Die 5 klaren Indikatoren für 6 Lagen

1. Fine-Pitch BGAs

BGAs mit 0.5mm Pitch oder darunter brauchen mehr Routing-Lagen für den Fanout. Bei 4 Lagen wird es eng.

2. High-Speed-Signale

DDR3/DDR4, PCIe, USB 3.x, HDMI – diese Signale brauchen saubere Referenzebenen und kontrollierte Impedanz.

3. Viele Power-Rails

Moderne Prozessoren brauchen oft 4+ verschiedene Spannungen. Split-Planes werden irgendwann unpraktisch.

4. Strenge EMV-Vorgaben

Automotive, Medizin, Luftfahrt – hier brauchen Sie durchgehende GND-Planes ohne Unterbrechungen.

5. Routing-Dichte übersteigt 4-Lagen-Kapazität

Ein einfacher Test: Wenn Ihr Autorouter bei 4 Lagen nicht fertig wird oder Sie mehr als 30% der Verbindungen von Hand routen müssen – denken Sie über 6 Lagen nach.

Hommer Zhao

Ich sehe regelmäßig 4-Lagen-Designs, die auf 6 Lagen hätten sein sollen. Die Entwickler haben Tage damit verbracht, das Routing irgendwie hinzubekommen – und am Ende funktioniert es trotzdem nicht sauber. Die gesparten 30% bei der PCB waren teuer erkauft.

Hommer Zhao

Gründer & CEO, WellPCB

Der Kostenvergleich: Was zahlen Sie wirklich?

Lassen Sie uns über Zahlen reden. Die Materialkosten sind ein Teil – aber nicht alles.

Kostenposition4 Lagen6 LagenDifferenz
Material (10x10cm)€15-25€25-40+60-70%
Fertigungszeit5-7 Tage7-10 Tage+2-3 Tage
Design-ZeitReferenzOft kürzer-10-30%
EMV-ComplianceRisiko höherMeist einfacherWeniger Iterationen
Gesamtkosten (Proto)€100-200€150-280+30-50%

Die versteckten Kosten von 4 Lagen

Wenn 4 Lagen "gerade so" funktionieren, zahlen Sie woanders: Mehr Design-Zeit, EMV-Redesigns, zusätzliche Filterkomponenten, höheres Ausfallrisiko. Ein erfahrener Entwickler erkennt, wann 6 Lagen unterm Strich günstiger sind.

Signalintegrität: Der technische Kern

Hier wird es technisch – aber es ist wichtig zu verstehen, warum 6 Lagen bei High-Speed-Designs überlegen sind.

Das Problem mit 4 Lagen bei High-Speed

High-Speed PCB Design

Bei einem 4-Lagen-Board liegt die Signallage (L1 oder L4) direkt neben der Referenzebene (L2 oder L3). Das funktioniert – solange Sie nicht routen müssen. Sobald Signale über Vias auf die Innenlage wechseln, haben sie keine direkte Referenzebene mehr.

Aspekt4 Lagen6 Lagen
Referenzebene für AußenlagenJa (L2/L3)Ja (L2/L5)
Referenzebene für InnenlagenNein – L2&L3 sind SignaleJa (L3 hat L2&L4)
Return-Path KontinuitätProblematisch bei Layer-WechselDurchgehend
Impedanzkontrolle±10-12%±8-10%
EMI-EmissionHöherNiedriger
Hommer Zhao

Bei DDR4-Speicher haben wir einmal ein Design von 4 auf 6 Lagen umgestellt – nicht weil 4 Lagen unmöglich waren, sondern weil die Signalqualität mit 6 Lagen so viel besser war, dass wir den Takt von 2400 auf 3200 MHz erhöhen konnten. Das war den Aufpreis wert.

Hommer Zhao

Gründer & CEO, WellPCB

Die Entscheidungsmatrix

Hier ist meine bewährte Entscheidungshilfe. Wenn Sie mehr als zwei Punkte in der "6 Lagen"-Spalte haben, sollten Sie ernsthaft darüber nachdenken.

Kriterium4 Lagen6 Lagen
Max. Signalfrequenz<200 MHz>200 MHz
BGA-Pitch>0.8 mm<0.8 mm
Power-Rails2-34+
SchnittstellenUSB 2.0, SPI, I²CUSB 3.x, PCIe, DDR
EMV-KlasseConsumer (FCC Part 15B)Automotive, Medical
Routing-Completion>90% automatisch<70% automatisch
BudgetKostenoptimiertPerformance-optimiert

Praxis-Beispiele: Wann was?

AnwendungEmpfehlungBegründung
ESP32 IoT-Sensor4 LagenWiFi 2.4GHz, moderate Komplexität
STM32 Steuergerät4 LagenLQFP, wenige Power-Rails
Raspberry Pi Compute Module Carrier4-6 LagenAbhängig von Schnittstellen
i.MX8 SBC6+ LagenDDR4, PCIe, fine-pitch BGA
FPGA-Board (Xilinx/Intel)8+ LagenHigh-Speed-Transceivers, viele Rails
Automotive ECU6 LagenEMV, Zuverlässigkeit

Die Alternative: 8 oder mehr Lagen?

Manchmal ist die Frage nicht "4 oder 6", sondern "6 oder 8". Hier eine kurze Orientierung:

  • 8 Lagen: Komplexe Designs mit DDR4, PCIe Gen3+, oder sehr dichten BGAs
  • 10 Lagen: High-End-Server, Netzwerk-Equipment, HDI-Designs
  • 12+ Lagen: Hochleistungs-Computing, Telekommunikation, Backplanes

Bei WellPCB fertigen wir regelmäßig Boards mit bis zu 32 Lagen – aber das ist ein Thema für einen anderen Artikel.

Fazit: Pragmatisch entscheiden

Die Wahl zwischen 4 und 6 Lagen ist keine Wissenschaft – aber sie erfordert ehrliche Einschätzung Ihrer Anforderungen. Hier meine Zusammenfassung:

Die Entscheidung in 60 Sekunden

  1. 1. Gibt es High-Speed-Signale (>200 MHz)? → Tendenz zu 6 Lagen
  2. 2. BGAs unter 0.8mm Pitch? → Tendenz zu 6 Lagen
  3. 3. Mehr als 3 Power-Rails? → Tendenz zu 6 Lagen
  4. 4. Strenge EMV-Anforderungen? → Tendenz zu 6 Lagen
  5. 5. Keines davon? → 4 Lagen reichen wahrscheinlich

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Hommer Zhao

Hommer Zhao

Gründer & CEO, WellPCB

Mit über 15 Jahren Erfahrung in der Elektronikfertigung leitet Hommer Zhao das Team bei WellPCB. Seine Leidenschaft: Komplexe technische Themen verständlich erklären.

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