"Reichen 4 Lagen oder brauche ich 6?" – Eine Frage, die sich jeder Elektronikentwickler irgendwann stellt. Die Antwort ist nicht so kompliziert, wie manche meinen. Aber sie erfordert ein Verständnis der Grundlagen. Nach hunderten vonMultilayer-Projekten zeige ich Ihnen, wie Sie die richtige Entscheidung treffen.
Die Kurzversion
4 Lagen reichen für die meisten Designs mit moderater Komplexität. 6 Lagen werden nötig bei: High-Speed-Signalen, vielen Power-Rails, dichter BGA-Verdrahtung oder strengen EMV-Anforderungen. Die Mehrkosten betragen typischerweise 30-50%.
Die Grundlagen: Was macht jede Lage?
Bevor wir vergleichen, müssen wir verstehen, welche Funktionen die einzelnen Lagen erfüllen. Das ist der Schlüssel zur richtigen Entscheidung.
Der klassische 4-Lagen-Aufbau
| Lage | Funktion | Typische Nutzung |
|---|---|---|
| L1 (Top) | Signale + Bauteile | Komponenten, kritische Signale |
| L2 (Inner 1) | GND Plane | Durchgehende Massefläche |
| L3 (Inner 2) | Power Plane | Versorgungsspannungen |
| L4 (Bottom) | Signale + Bauteile | Komponenten, Routing |

Der typische 6-Lagen-Aufbau
| Lage | Funktion | Vorteil gegenüber 4L |
|---|---|---|
| L1 (Top) | Signale + Bauteile | Unverändert |
| L2 | GND Plane | Bessere Referenz für L1 |
| L3 | Signal/Routing | NEU: Zusätzlicher Routing-Platz |
| L4 | Power Plane | Split für mehrere Rails |
| L5 | GND Plane | NEU: Referenz für L6 |
| L6 (Bottom) | Signale + Bauteile | Bessere SI auf Bottom |

“Der Sprung von 4 auf 6 Lagen ist nicht einfach 'mehr Platz'. Es ist ein fundamentaler Unterschied in der Signalintegrität. Bei 6 Lagen hat jede Signallage eine direkt benachbarte Referenzebene – das macht den entscheidenden Unterschied bei High-Speed.”
Hommer Zhao
Gründer & CEO, WellPCB
Wann 4 Lagen ausreichen
Lassen Sie mich direkt sein: Für die Mehrheit aller Designs sind 4 Lagen mehr als genug. Sie sind günstiger, schneller zu fertigen und für viele Anwendungen optimal.
Ideale Anwendungen für 4-Lagen-PCBs
- Mikrocontroller-Designs: STM32, ESP32, Arduino-basierte Projekte – alles kein Problem
- Moderate IC-Komplexität: QFP-Packages, 0.5mm Pitch, keine fine-pitch BGAs
- 1-2 Power-Rails: Eine Hauptversorgung plus evtl. 3.3V/1.8V
- Moderate Signalgeschwindigkeiten: USB 2.0, SPI, I²C, UART – alles machbar
- Kostenoptimierte Produkte: Consumer Electronics, IoT-Geräte
Technische Grenzen eines 4-Lagen-Designs
Routing-Kapazität:
~500-800 Verbindungen (abhängig von Boardgröße)
BGA-Fanout:
Bis ca. 0.8mm Pitch problemlos
Power-Rails:
2-3 mit Split-Plane möglich
Signalgeschwindigkeit:
Bis ca. 200 MHz unkritisch
Wann Sie 6 Lagen brauchen
Es gibt klare Indikatoren, die den Sprung auf 6 Lagen erforderlich machen. Ignorieren Sie diese nicht – die Kosten für ein nicht funktionierendes 4-Lagen-Design sind höher als die Mehrkosten für 6 Lagen.
Die 5 klaren Indikatoren für 6 Lagen
1. Fine-Pitch BGAs
BGAs mit 0.5mm Pitch oder darunter brauchen mehr Routing-Lagen für den Fanout. Bei 4 Lagen wird es eng.
2. High-Speed-Signale
DDR3/DDR4, PCIe, USB 3.x, HDMI – diese Signale brauchen saubere Referenzebenen und kontrollierte Impedanz.
3. Viele Power-Rails
Moderne Prozessoren brauchen oft 4+ verschiedene Spannungen. Split-Planes werden irgendwann unpraktisch.
4. Strenge EMV-Vorgaben
Automotive, Medizin, Luftfahrt – hier brauchen Sie durchgehende GND-Planes ohne Unterbrechungen.
5. Routing-Dichte übersteigt 4-Lagen-Kapazität
Ein einfacher Test: Wenn Ihr Autorouter bei 4 Lagen nicht fertig wird oder Sie mehr als 30% der Verbindungen von Hand routen müssen – denken Sie über 6 Lagen nach.

“Ich sehe regelmäßig 4-Lagen-Designs, die auf 6 Lagen hätten sein sollen. Die Entwickler haben Tage damit verbracht, das Routing irgendwie hinzubekommen – und am Ende funktioniert es trotzdem nicht sauber. Die gesparten 30% bei der PCB waren teuer erkauft.”
Hommer Zhao
Gründer & CEO, WellPCB
Der Kostenvergleich: Was zahlen Sie wirklich?
Lassen Sie uns über Zahlen reden. Die Materialkosten sind ein Teil – aber nicht alles.
| Kostenposition | 4 Lagen | 6 Lagen | Differenz |
|---|---|---|---|
| Material (10x10cm) | €15-25 | €25-40 | +60-70% |
| Fertigungszeit | 5-7 Tage | 7-10 Tage | +2-3 Tage |
| Design-Zeit | Referenz | Oft kürzer | -10-30% |
| EMV-Compliance | Risiko höher | Meist einfacher | Weniger Iterationen |
| Gesamtkosten (Proto) | €100-200 | €150-280 | +30-50% |
Die versteckten Kosten von 4 Lagen
Wenn 4 Lagen "gerade so" funktionieren, zahlen Sie woanders: Mehr Design-Zeit, EMV-Redesigns, zusätzliche Filterkomponenten, höheres Ausfallrisiko. Ein erfahrener Entwickler erkennt, wann 6 Lagen unterm Strich günstiger sind.
Signalintegrität: Der technische Kern
Hier wird es technisch – aber es ist wichtig zu verstehen, warum 6 Lagen bei High-Speed-Designs überlegen sind.
Das Problem mit 4 Lagen bei High-Speed

Bei einem 4-Lagen-Board liegt die Signallage (L1 oder L4) direkt neben der Referenzebene (L2 oder L3). Das funktioniert – solange Sie nicht routen müssen. Sobald Signale über Vias auf die Innenlage wechseln, haben sie keine direkte Referenzebene mehr.
| Aspekt | 4 Lagen | 6 Lagen |
|---|---|---|
| Referenzebene für Außenlagen | Ja (L2/L3) | Ja (L2/L5) |
| Referenzebene für Innenlagen | Nein – L2&L3 sind Signale | Ja (L3 hat L2&L4) |
| Return-Path Kontinuität | Problematisch bei Layer-Wechsel | Durchgehend |
| Impedanzkontrolle | ±10-12% | ±8-10% |
| EMI-Emission | Höher | Niedriger |

“Bei DDR4-Speicher haben wir einmal ein Design von 4 auf 6 Lagen umgestellt – nicht weil 4 Lagen unmöglich waren, sondern weil die Signalqualität mit 6 Lagen so viel besser war, dass wir den Takt von 2400 auf 3200 MHz erhöhen konnten. Das war den Aufpreis wert.”
Hommer Zhao
Gründer & CEO, WellPCB
Die Entscheidungsmatrix
Hier ist meine bewährte Entscheidungshilfe. Wenn Sie mehr als zwei Punkte in der "6 Lagen"-Spalte haben, sollten Sie ernsthaft darüber nachdenken.
| Kriterium | 4 Lagen | 6 Lagen |
|---|---|---|
| Max. Signalfrequenz | <200 MHz | >200 MHz |
| BGA-Pitch | >0.8 mm | <0.8 mm |
| Power-Rails | 2-3 | 4+ |
| Schnittstellen | USB 2.0, SPI, I²C | USB 3.x, PCIe, DDR |
| EMV-Klasse | Consumer (FCC Part 15B) | Automotive, Medical |
| Routing-Completion | >90% automatisch | <70% automatisch |
| Budget | Kostenoptimiert | Performance-optimiert |
Praxis-Beispiele: Wann was?
| Anwendung | Empfehlung | Begründung |
|---|---|---|
| ESP32 IoT-Sensor | 4 Lagen | WiFi 2.4GHz, moderate Komplexität |
| STM32 Steuergerät | 4 Lagen | LQFP, wenige Power-Rails |
| Raspberry Pi Compute Module Carrier | 4-6 Lagen | Abhängig von Schnittstellen |
| i.MX8 SBC | 6+ Lagen | DDR4, PCIe, fine-pitch BGA |
| FPGA-Board (Xilinx/Intel) | 8+ Lagen | High-Speed-Transceivers, viele Rails |
| Automotive ECU | 6 Lagen | EMV, Zuverlässigkeit |
Die Alternative: 8 oder mehr Lagen?
Manchmal ist die Frage nicht "4 oder 6", sondern "6 oder 8". Hier eine kurze Orientierung:
- 8 Lagen: Komplexe Designs mit DDR4, PCIe Gen3+, oder sehr dichten BGAs
- 10 Lagen: High-End-Server, Netzwerk-Equipment, HDI-Designs
- 12+ Lagen: Hochleistungs-Computing, Telekommunikation, Backplanes
Bei WellPCB fertigen wir regelmäßig Boards mit bis zu 32 Lagen – aber das ist ein Thema für einen anderen Artikel.
Fazit: Pragmatisch entscheiden
Die Wahl zwischen 4 und 6 Lagen ist keine Wissenschaft – aber sie erfordert ehrliche Einschätzung Ihrer Anforderungen. Hier meine Zusammenfassung:
Die Entscheidung in 60 Sekunden
- 1. Gibt es High-Speed-Signale (>200 MHz)? → Tendenz zu 6 Lagen
- 2. BGAs unter 0.8mm Pitch? → Tendenz zu 6 Lagen
- 3. Mehr als 3 Power-Rails? → Tendenz zu 6 Lagen
- 4. Strenge EMV-Anforderungen? → Tendenz zu 6 Lagen
- 5. Keines davon? → 4 Lagen reichen wahrscheinlich
Unsicher? Senden Sie uns Ihr Design oder Ihre Spezifikation – wir beraten Sie kostenlos zur optimalen Lagenanzahl. Manchmal ist die Antwort auch: "Mit ein paar Design-Anpassungen schaffen Sie es auf 4 Lagen."
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